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Nein, nordisch ist nicht skandinavisch. Das erzählt jeder Finne, wenn man ihn fragt. Ein Besuch bei der jüngsten Generation nordischer Kreativer

Wie sie sich alle in der großen Scheune versammeln, gut 300 Menschen unter ebenso 300 Jahre alten Holzbalken, könnte man es für eine Dorfversammlung halten. Nur die ungewöhnliche Kleidung fällt etwas heraus: hier grelles Grün, dort ein Hauch Yamamoto, einige originelle Brillengestelle, dort drüben ein sorgfältig kultivierter Handwerkerchic.

Es waren allesamt Zugehörige der finnischen Designszene, die sich hier im Mai bei der Eröffnung der Fiskars Design Biennale, etwa 100 Kilometer westlich von Helsinki, trafen. Und doch wäre die dörfliche Assoziation nicht falsch. Denn hier scheint jeder jeden zu kennen, und ganz Design-Helsinki ist heute vermutlich hier, in diesem malerischen Tal zwischen Birken, Vogelgezwitscher und plätscherndem Bach.

Es ist ein Eindruck, der sich überall in Finnland aufdrängt und von Finninnen und Finnen auf Nachfrage auch gern bestätigt wird: Alles hier ist familiär, es gibt kaum Hierarchien, das Elitäre ist den Finnen fremd, schließlich hatten sie in Jahrhunderten der schwedischen oder russischen Fremdherrschaft auch gar keine Gelegenheit, Eliten zu bilden.

Finnisches Design spiegelt all das wider. Dieses Land hat 5,5 Millionen Einwohner, und grob geschätzt 5,4 Millionen davon haben eine Aalto-Vase und Bettbezüge von Marimekko im Haus. Design ist hier kein exklusives Geheimwissen der Bildungsbürger, sondern Teil des Alltags. Sich als etwas Besseres zu geben, würde hier als albern empfunden. Geschmackspäpste dürfen bitte woanders residieren.

Vor 20 Jahren starb der Designer Otl Aicher - Die von ihm entwickelten Piktogramme prägen die Welt bis heute

Ob es Geschwisterliebe, jungmännerhaftes Besserwissen oder beides war, wissen wir nicht, jedenfalls war der 17-jährige Otl Aicher der Meinung, dass seine Schwester unbedingt das Skifahren erlernen müsse. Zu diesem Zweck fertigte er ein liebevoll detailliertes siebenseitiges Handbuch an und ergänzte die Instruktionen mit schematischen Bleistiftzeichnungen von Strichmännchen in korrekter Haltung. Noch ahnte er nicht, dass er 32 Jahre später mit einer Verfeinerung dieser Skizzen die Welt der grafischen Gestaltung revolutionieren würde. Auch der widersprüchliche Charakter als Kämpfer gegen Autoritäten einerseits und autoritärer Bestimmer andererseits sollte ihn sein Leben lang prägen.

Es war Winter 1940, und sorglose Skiausflüge waren die Ausnahme. Aufgewachsen in einem Arbeitervorort der süddeutschen Nazi-Hochburg Ulm, hatte sich Otl Aicher geweigert, der Hitlerjugend beizutreten, wurde inhaftiert und bekam 1941 sein Abitur aberkannt. "Der Staat hat meine Jugend kaputtgemacht", sagte er später. Er probte früh den Widerstand, war eng befreundet mit den Geschwistern Scholl und desertierte kurz vor Kriegsende von der Wehrmacht.

Als die neue Bundesrepublik nach dem Krieg in Richtung Wirtschaftswunder einbog, galt es für den künstlerisch und theoretisch beschlagenen Aicher, auch auf seinem Gebiet alle Spuren des Nazitums über Bord zu werfen. Seine Frau Inge, die ältere Schwester von Hans und Sophie Scholl, gründete 1946 die Ulmer Volkshochschule als kulturelle Entnazifizierungs-Aktion, Aicher entwarf nach seinem Kunststudium die Plakate für die dortigen Kurse.

Das Designduo Dottings denkt Einfachstes neu. Pünktlich zur Vienna Design Week kommen nun Töpfe für Riess Email auf den Markt. Ausgerechnet? Typisch!

Produktdesign, so die grob vereinfachte landläufige Meinung, macht Dinge neu und besser oder lässt sie zumindest neu und besser aussehen, damit die Menschen sie kaufen. Aber was gibt es an einem Produkt, dessen Markteinführung in etwa auf das Neolithikum datiert, noch zu verbessern? Die Rede ist hier vom Kochtopf. Hat die Menschheit in den über 10.000 Jahren des Hantierens mit Töpfen und den dazugehörigen Deckeln nicht das Prinzip „rundes Kochgefäß“ längst perfektioniert?

Eines ist ja wohl klar: Autofahren ist nach dem Einrad für Clowns die zweitdümmste Fortbewegungsart, die es gibt. Die Idee, eine Person von A nach B zu bewegen, indem man ihr mehr als das zehnfache ihres Körpergewichts an Metall- und Elektronikschrott aufbrummt, unschön riechende Flüssigkeiten aus dem Erdinneren heraus und um den Globus pumpt, um sie in diesem Personen-Schrott-Ensemble lärmend zu verbrennen, wird von künftigen Generationen zweifelsohne als Irrweg der Evolution, als peinliche Episode angesehen werden, über die der Mantel des verbrennungsfreien Schweigens zu breiten sei.

Das junge Designduo mischer’traxler erforscht das gestalterische Talent der Natur.

Ein präzise geschweißtes, mannshohes Stahlgerüst. Darin fein austariert aufgehängt, wickeln Spulen dünne Fäden ab, die durch erst in dunkelgrüne Farbe, dann durch Leim getaucht werden, und sich schließlich in changierenden Farbschlieren um einen permanent drehenden Zylinder wickeln. Strahlt die Sonne heller, dreht sich der Zylinder schneller, der Fadenwulst beult aus und wird heller. Das alles obendrein völlig lautlos, da durch Solarzellen angetrieben. Die Besucher der Ars Electronica in Linz verharren staunend vor diesem mysteriösen, und gleichzeitig offensichtlichen Mechanismus, der ein wenig an Versuchsaufbauten im Physikunterricht erinnert.